Aus Beichte wird Mobbing

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Bei Facebook, Twitter und Instagram erzählen Schüler auf "Beichtseiten" oft auch intime Geheimnisse. Dass das Internet alles andere als anonym, vergessen dabei viele.

Auf Facebook, Twitter und Instagram erfreuen sich sogenannte "Beichtseiten" immer grösserer Beliebtheit. Hier teilen vermeintliche Schüler und Schülerinnen unter Angabe von Alter und Geschlecht ihre Geheimnisse: die heimliche Liebe, harmlose Streiche, aber auch sexuelle Erlebnisse, Leid und Hass sind dann die Folge und zu lesen. Viele der Seiten laufen mit dem Verweis sogar auf bestimmte Schulen und haben mehrere hundert Mitglieder.

"Ich W/14" beichte, das ich auf Janine aus der 7a stehe. (Ich bin lesbisch), schreibt eine Person bei Twitter. In den Kommentaren verlinkt ein anderer Nutzer jemanden mit dem Namen "Janine"; die Angesprochene antwortet bloß mit vier weinenden Emojis und macht deutlich, dass sie den Post überhaupt nicht lustig findet. "OMG janine du bist ja soooo am leiden", schreibt ein weiterer Nutzer und fügt lachende Smiley's hinzu.

Aus vermeintlich anonymen Posts wird mit Angaben von Schulname, Klasse und dem Vornamen der Person ein einfaches Ratespiel unter Mitschülern. Das kann ganz schnell in Mobbing ausarten. Zahlreichen Nutzern ist zudem offenbar nicht bewusst, dass die Administratoren der Seite sehr wohl einsehen können, wer was veröffentlicht. So fordern zwei Betreiber einer solchen Seite, die auf eine Berliner Schule verweist, ihre 388 Abonnenten zum "Beichten" auf. "Dient nicht zum Mobben, sondern nur zur Unterhaltung", behaupten diese. Wer aber die Betreiber sind, lässt sich dabei nicht herausfinden und die Folgen sind unabsehbar.

Seiten bzw. digitale Angebote, auf denen Kinder und Jugendliche ihre Geheimnisse erzählen, sind nicht neu. Apps wie z.B. Whisper oder Secret sind bereits seit langem auf dem Markt. Damit Eltern ihre Kinder davor schützen, sollten sie diese darauf ansprechen und offen fragen, ob sie die Seiten kennen und was sie davon halten. Eltern können außerdem mit dem Kind darüber sprechen, welche möglichen Ziele beichtende Jugendliche damit verfolgen in Bezug auf andere Nutzer, die ihre Beiträge lesen. Auch wäre unbedingt das Interesse der Betreiber zu hinterfragen: warum haben die Administratoren die Seite eingerichtet und warum nehmen sie diesen Aufwand auf sich?

Bei jüngeren Kindern, die mit dem Phänomen in Kontakt gekommen sind, ist es grundsätzlich zu empfehlen, ins Gespräch zu kommen: Eltern können fragen, wo der Unterschied liege, wenn man ein Geheimnis einem Freund anvertraut oder es im Internet veröffentlicht. Welche anderen Möglichkeiten gäbe es, sich von einem Geheimnis zu erleichtern, das einen bedrückt? Dabei können Eltern auch auf den Service der "Nummer gegen Kummer" verweisen, bei dem Kinder auch Nachrichten schreiben können.

Wenn Erziehungsberechtigte von „Beichtseiten“ einer bestimmten Schule erfahren, sollten sie auch diese informieren. Wichtig ist dabei, dass auch mit dem Kind abgesprochen wird, inwieweit es das Vorgehen mitträgt.