Urgestein der DFÜ - Bildschirmtext (BTX)

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Im weiteren Sinne könnte man, zumindest in Deutschland bzw. Österreich (in der Schweiz Videotex), das alte BTX (Bildschirmtext) als einen Vorläufer des Internet bezeichnen.

Eingeführt wurde dieser Dienst in Österreich im Juni 1982 bzw. in Deutschland ab dem 1. September 1983 bundesweit. Der interaktive Onlinedienst kombinierte Telefon und Fernsehschirm zu einem Kommunikationsmittel.

Die Deutsche Bundespost startete den interaktiven Online-Dienst, der anfangs ein spezielles Btx-Gerät erforderte. 1983 gab es neben der Btx-Leitzentrale in Ulm Btx-Vermittlungsstellen in Düsseldorf, Hamburg, Frankfurt am Main, München und Stuttgart. Geplant war der Ausbau auf 150 Btx-Vermittlungsstellen. Die erwarteten Nutzerzahlen wurden allerdings nie erreicht. So sollten es 1986 rund eine Million sein, tatsächlich waren es aber nur 60.000. Die Million wurde erst zehn Jahre später erreicht, nachdem Btx ab 1995 mit dem neuen T-Online-Angebot inklusive E-Mail und Internet-Zugang gekoppelt worden war. Am 31. Dezember 2001 wurde der ursprüngliche Btx-Dienst offiziell abgeschaltet.

Beim deutschen Btx-System waren die Seiten der Anbieter in der Urdatenbank auf einem zentralen Rechnersystem des Herstellers IBM in der Btx-Leitzentrale Ulm abgelegt und wurden von dort abgerufen, wenn die örtlichen Bildschirmtext-Vermittlungsstellen (Vst) diese nicht in ihrem Datenbank- bzw. Teilnehmerrechner vorrätig hatten. Die örtlichen Knoten konnten die Seitenwünsche zu 95 bis 98 Prozent bedienen. Die Seitendatei im örtlichen Knoten unterlag einem Alterungsverfahren. Wenig angeforderte Seiten wurden mit häufig angeforderten überschrieben.

Unterschiede zum Internet

Die Seiten sogenannter „Externer Rechner“ bildeten dabei eine Ausnahme. Sie existierten nicht statisch in der Datenbank der Btx-Leitzentrale, sondern wurden vom Rechner des Anbieters jeweils dynamisch erzeugt und über die Btx-Vst an den Benutzer übertragen. Die Externen Rechner waren im weltweiten Verbund per X.25 (Datex-P) an die Btx-Vstn angebunden. Diese Möglichkeit wurde nur von wenigen Großanbietern (z. B. Quelle oder Neckermann Reisen), als Vorläufer des Onlinebankings jedoch von zahlreichen Banken genutzt.

Die "Klötzchen"-Grafik war natürlich mit den heutigen Möglichkeiten und die Vielfältigkeit der Inhalte mit dem heutigen WWW (World Wide Web) nicht zu vergleichen.

Kosten und Angebote

Die Kosten für den Nutzer entstanden durch den Abruf einer Seite; der Anbieter hatte bei der Tarifierung weitgehend freie Hand. Er konnte neben dem kostenlosen Abruf wahlweise eine seitenabhängige Vergütung (0,01 DM bis 9,99 DM) erheben, oder eine zeitabhängige Vergütung (0,01 DM bis 1,30 DM pro Minute). Die Kosten wurden über die Telefonrechnung der Nutzer abgerechnet.

Btx bot bereits zahlreiche Dienste an, die heute über das Internet verfügbar sind. So konnten Btx-Teilnehmer miteinander online diskutieren (Chat), sich gegenseitig elektronische Mitteilungen in Form von Btx-Seiten zum Preis von 30 Pfennig pro Seite schicken und aktuelle Nachrichten abrufen (Ticker, Homepages). Weiterhin gab es für Anbieter die Möglichkeit, ihr Angebot über einen sogenannten „Externen Rechner“ dynamisch zu gestalten. Dabei wurde über eine „Übergabeseite“ aus dem normalen Seitenbestand von der jeweiligen Btx-Vermittlungsstelle eine Verbindung über Datex-P zum Rechner des Anbieters aufgebaut. Von da ab übernahm dann dieser Rechner die Kontrolle über den am Endgerät angezeigten Seiteninhalt. Dieses Angebot wurde vor allem von Banken (als Vorläufer des heutigen Online-Bankings), Versandhäusern und der Reiseindustrie (Lufthansa, Interflug, Deutsche Bundesbahn oder Deutsche Bahn) benutzt. Die Btx-Kunden konnten so interaktiv ihre Bankgeschäfte tätigen oder Online-Bestellungen im Versandhandel aufgeben. Auch Bundesbehörden wie das Arbeitsamt waren über BTX erreichbar.

Das Einstellen von Angeboten in BTX war relativ teuer, daher wurde es von Privatpersonen kaum genutzt. Anbieter waren vor allem große Firmen wie Versandhandel und einzelne mittelständische Unternehmen. Auch schon bei BTX war eine ständig steigende Zahl von Anbietern aus dem Erotikbereich zu beobachten.

Der Chaos Computer Club (CCC) war ebenfalls mit einem Angebot in BTX vertreten. Der Club fand eine Reihe von technischen Schwachstellen in BTX und versuchte, die Grenzen des Systems aufzuzeigen, unter anderem durch den im bundesweiten Fernsehen berichteten BTX-Hack.

BTX blieb der große Erfolg verwehrt, was vor allem an der restriktiven Politik, hohen Nutzungsgebühren (1983: 8,00 DM monatliche Grundgebühr und eine Anschlussgebühr von 55,00 DM) und einer festen Vertragsbindung mit der Bundespost lag. Diese gestattete für die Verwendung von Btx nur spezielle, von der Post zugelassene Hardware, die zu hohen Preisen separat erworben werden musste. Obwohl CEPT-Decoder frühzeitig für damals verbreitete Heimcomputer wie den C64 erhältlich waren, verweigerte die Post die Zulassung dieser Geräte. In Frankreich, wo die notwendige Hardware von der France Télécom z. T. kostenlos bereitgestellt wurde, erfreute sich das dortige Minitel hingegen großer Beliebtheit.

Das Post-Monopol auf diese Endgeräte, Modems und Telefone fiel mit der Liberalisierung des Endgerätemarkts am 1. Juli 1989. Zu dem Zeitpunkt verbreiteten sich private Mailbox-Netze wie FidoNet oder MausNet, die einige der über BTX verfügbaren Dienste für Privatleute weitaus günstiger anbieten konnten. Im Bereich des Electronic Banking gab es lange Zeit keine Alternative zu BTX.